Kreationsprozess

Die Arbeiten der Künstlerin Petra Kost entstehen aus einem seltenen Zusammenspiel von kontrollierter Materialbeherrschung und radikaler Offenheit. Jede Leinwand beginnt mit vehementen Gesten: flüssiges Acryl, gelegentlich Öl, Bitumen oder Pigmentzusätze werden ausgegossen, geschleudert, zurückgenommen. Was zunächst als impulsives Terrain erscheint, birgt bereits ein poetisches Potenzial, dessen Form sich erst unter ihrer präzisen Beobachtung herauskristallisiert.
In dieser Grenzzone zwischen Zufall und Intention entfaltet die Künstlerin einen vielschichtigen Bildraum. Sie liest die entstehenden Strukturen ähnlich einem Wolkenpanorama – Figuren, Fragmente und Atmosphären tauchen auf, verflüchtigen sich, dringen erneut hervor. Dabei oszilliert der Prozess beständig zwischen Unbewusstem und Bewusstem: Auf Phasen spontaner Aktion folgen Momente kontemplativer Distanznahme, in denen Komposition und thematische Verdichtung reflektiert werden.
Sobald sich eine visuelle Spur behauptet, beginnt das „Herausschälen“: Lasuren in Acryl und Öl, eingezeichnete Linien aus Kreide, Tusche oder Kohle verdichten den zunächst amorphen Grund zu nuancierten Szenarien. Figurative Elemente greifen organisch in die ursprünglichen Zufallsstrukturen ein und erhalten dabei deren ursprüngliche Energie. Das Resultat ist eine spannungsreiche Koexistenz von Chaos und Ordnung, von präziser Setzung und expressiver Geste – ein kontrolliertes Kippen, das jedem Werk seine unverwechselbare innere Dynamik verleiht.
Formal spiegelt sich dieser Dialog in der Gegenüberstellung feiner Lineaturen und flächiger Farbexplosionen, translucenter Überlagerungen und pastoser Verdichtungen. Inhaltlich verhandeln die Werke elementare Dualitäten: Einsamkeit versus Geborgenheit, Struktur versus Auflösung, Schönheit versus Zerstörung. Gerade die Fähigkeit der Künstlerin, diese Pole in einem fragilen Gleichgewicht zu halten, macht den besonderen Reiz und die nachhaltige Wirkung ihrer Malerei aus.
Indem sie den Arbeitsprozess offenlegt, lädt die Künstlerin das Publikum ein, der Entstehung des Bildes gleichsam nachzuspüren – jeder Schicht, jeder Geste, jedem Bruch. Diese Transparenz verleiht den Gemälden nicht nur ästhetische Tiefe, sondern auch eine performative Dimension: Das Bild wird zum dokumentierten Ereignis, zum sichtbaren Beweis eines intensiven, künstlerischen Forschungsakts. Für Sammlerinnen und Sammler bedeutet dies ein Werk, dessen materieller und ideeller Wert sich aus der Summe seiner Schichten, seiner Entscheidungen und seiner offenen Fragen speist. Hierin liegt die nachhaltige Wertsteigerung: in der Authentizität eines Prozesses, der das Unsichtbare an die Oberfläche führt und dabei einen einzigartigen, unverwechselbaren Bildkosmos schafft.